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Spotify, kann ich eigentlich auch mehr bezahlen?

Guitar Player Thames

Als Jugendlicher war ich Raubkopierer. Ein drastisches Wort, ein Kampfbegriff der Industrie und sicherlich keine Bezeichnung, die ich mir selbst ausgesucht hätte. Trotzdem, das schlechte Gefühl bleibt. Legal war das sicher nicht, was sich damals in den Tiefen des Usenets abspielte, auch wenn mir auf vielen zwielichten Webseiten das Gegenteil versichert wurde. Doch meiner Festplatte waren rechtliche Überlegungen egal und so füllte sie sich schnell mit einer hübschen Sammlung unterschiedlichster Songs und Alben.

All das ist aber nur ein Teil meiner Erinnerung an diese Zeit. Wahr ist nämlich auch, dass ich durchaus Geld für CDs, Konzerte und Merchandising ausgegeben habe. Und als sich Musikstreaming in Deutschland etablierte, war ich mehr als bereit, meinen digitalen Besitz und meine Gewissensbisse für einen monatlichen Schnäppchenpreis aufzugeben. Erst bei Simfy, dann bei Spotify. Auch jenseits der Streaming-Dienste gibt es heute praktisch alle Musik nur eine Google-Suche entfernt legal und kostenlos auf Plattformen wie YouTube, Soundcloud oder Bandcamp. Was könnte also falsch daran sein, für schlappe zehn Euro im Monat einen noch bequemeren Zugang zu abonnieren?

0,007 US-Dollar

Seit Langem werden die Geschäftsmodelle von Streaming-Anbietern kontrovers diskutiert. Ein Nutzer von Rdio stellt fest, dass sich durch das Angebot seine Bezahlmoral verschlechtert und seine Bindung zu einzelnen Bands verringert habe. Thom Yorke bemängelt, dass die großen Labels mit ihren Backkatalogen hohe Summen einfahren, während sich die Position aufstrebender Künstler durch Dienste wie Spotify nicht verbessert habe. Nach Eigenangabe schüttet Spotify pro abgespieltem Song rund 0,007 US-Dollar an Lizenzgebühren aus, die dann zwischen Verwertungsgesellschaften, Labels und Künstlern weiter aufgeteilt werden. Im vergangenen Jahr betrugen die Auszahlungen an Rechteinhaber 500 Millionen Dollar. Trotzdem schreibt Spotify, mit mehr als sechs Millionen zahlenden Kunden Marktführer, nach wie vor rote Zahlen.

Ich habe grundsätzlich nichts am Geschäftsmodell der Streaming-Plattformen auszusetzen. Das Geld der Abonennten kommt in einen großen Topf und die Künstler, die öfter gehört werden, bekommen mehr davon als diejenigen, die nur sehr selten gespielt werden. Das klingt demokratisch. Nach kurzem Überlegen ist aber auch klar, dass durch dieses Verfahren hauptsächlich die wenigen Großen verdienen, während für die vielen kleinen fast nichts übrigbleibt.

Eine Datei besitzt keinen Wert

Ich möchte meine Musik nicht mehr besitzen, jedenfalls nicht in digitaler Form. Eine Audiodatei besitzt keinen Wert für mich und anstatt Platz auf meiner Festplatte zu beanspruchen kann sie genauso gut ihr temporäres Dasein im Browsercache fristen. Ich möchte also keine bleibende Gegenleistung für das Geld, das ich für Musik ausgebe, dafür möchte ich, dass das Geld an der richtigen Stelle ankommt. Die Messung der Streaming-Anbieter gefällt mir: Für das Lieblingsalbum auf Heavy Rotation fallen schon einmal ein paar Euro ab, während das flüchtige One-Hit-Wonder höchstens ein paar Cent von mir bekommt. Jetzt müsste Ausschüttung pro Song nur noch etwas höher sein. Ich möchte mehr als die monatlichen zehn Euro für Spotify bezahlen. Ob das möglich ist? Ich habe nachgefragt.

Hallo Spotify,

seit über einem Jahr bist du meine zentrale Anlaufstelle für (fast) alle Musik der Welt. Ich finde die Idee toll, Künstler nach der Popularität ihrer Songs zu bezahlen. Theoretisch könnte eine Band auf diese Weise sogar mehr an mir verdienen als durch den konventionellen Verkauf von Tonträgern. Aber ob das auch im echten Leben vorkommt? Zumindest müsste ich diese Band dann wirklich sehr, sehr oft hören.

Deshalb würde ich gerne mehr für Spotify bezahlen. Nachdem die Betriebskosten mit dem regulären Beitragssatz gedeckt sein sollten, möchte ich, dass der Überschuss zu hundert Prozent an die Künstler geht und proportional zu meinen Hörgewohnheiten verteilt wird. Besteht die Möglichkeit, einen solchen Bonus zu zahlen? Wenn nicht, gibt es Pläne, ein solches Angebot künftig in Spotify zu integrieren?

Neuer Bezahlalgorithmus

Besonders hohe Erfolgschancen räumte ich mir nicht ein. Um meine Idee zu verwirklichen, müssten die Schweden nämlich nicht nur höhere Rechnungen ausstellen und möglicherweise sogar neue Verträge aushandeln, sondern auf jeden Fall ihren Bezahlalgorithmus anpassen. Wenn von einzelnen Nutzern wie mir mehr Geld in den großen Topf fließen würde, könnte es nach dem bisherigen Modell nicht den Künstlern zugeordnet werden, die ich mir anhöre.

Die einfachste Lösung wäre, den Bonuszahlenden mehr Plays anzurechnen. Wenn ich also zwanzig statt zehn Euro im Monat bezahlen würde, müsste jeder Song, den ich abspiele, als zwei Mal abgespielt verbucht werden. Doch dass die Implementierung dieser Formel in der Realität alles andere als einfach wäre, versteht sich von selbst.

Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf. Die Idee finde ich nach wie vor nicht schlecht und die Technik, um sie umzusetzen, ist vorhanden. Wenn die Künstler, die den Soundtrack meines Lebens schreiben, irgendwann ihr eigenes von den Einnahmen ihrer Musik bestreiten können, dann war die digitale Revolution ein echter Erfolg.

Lieber Florian,

vielen Dank für Ihre Nachricht an den Spotify-Kundendienst und die Bereitschaft mehr zu zahlen. Leider gibt es die Möglichkeit dieser Bonuszahlung noch nicht und es ist hier noch nichts davon bekannt.

Deshalb können wir jetzt Sie nur bitten, die Idee von Spotify überall zu verbreiten …

Es tut mir wirklich leid, Ihnen nicht mehr sagen zu können.

Florian Lehmuth
13. März 2014
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