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#ThankYouSnowden

Edward Snowden Run Eddy

Szene aus Eddy’s Run, einem ganz fantastischen Bildungsspiel

Remember, remember the Fifth of June / Mass surveillance, treason and plot / I know of no reason why civil rights treason / Should ever be forgot.

Vor genau einem Jahr veröffentlichte der Guardian den ersten Artikel über den Spähangriff der NSA. Die Welt ist seitdem eine andere und ich bin fest davon überzeugt, dass wir nach wie vor erst das leise Rauschen des gigantischen Tsunamis erleben, der gerade auf die Menschheit zurollt – und sich hoffentlich noch aufhalten lassen wird. Viel wurde diskutiert seit dem 5. Juni 2013, getan allerdings sehr wenig. Ich glaube, das könnte daran liegen, dass die meisten noch immer nicht verstehen, womit wir uns hier beschäftigen: Der Totalüberwachung. Der Dokumentation und Berechnung jedes menschlichen Handelns.

Jeden Tag wird unser Leben noch stärker durch das Internet durchdrungen als am Tag davor. Jeden Tag wird das Ausmaß der Grundrechtsverstöße größer.

Uns fehlen Narrative. Wir brauchen Gesichter und menschliche Schicksale, um die ungeheuerlichen Vorgänge in verständliche Bilder zu übersetzen. Beginnen wir bei Edward Snowden, dem damals nicht einmal Dreißigjährigen, der sein privilegiertes Leben dafür aufgab, der Welt ein Stück Freiheit zu schenken: Die Freiheit, über einen beispiellosen Fall staatlichen Machtmissbrauchs Bescheid zu wissen. Snowdens Schicksal illustriert sehr gut, wie auch nur die lose Verbindung mit einem Dissidenten massive Auswirkungen für eine ganze Reihe von Personen haben kann. Privatpersonen werden eingeschüchtert; Festplatten zerstört; der Präsident eines souveränen Staates seiner Freiheit beraubt.

Wir selbst müsssen keinerlei verdächtiger Aktivität nachgehen, um auf der schwarzen Liste eines Geheimdiensts zu landen. Es genügt völlig, jemanden zu kennen, die jemanden kennt, die verdächtigt wird. Ein Leben in der Sicherheit, nicht beobachtet zu werden, ist praktisch nicht mehr möglich.

Wenn uns das stört, müssen wir kämpfen. Wir müssen unsere Wahlentscheidungen zunehmend an die Frage knüpfen, wie die Repräsentantinnen mit unseren digitalen Rechten umgehen wollen. Wir müssen uns zusammenrotten und mit wütendem Geschrei durch die Straßen ziehen. Wir müssen uns vor allem aufrüsten, jede einzelne von uns, um die lebenswichtige Freiheit zu verteidigen, das zu denken, was wir wollen. Das Internet ist längst unser externes Gehirn. Ein einzelner Mensch kann heute mehr wissen und verstehen als jemals zuvor. Aber was, wenn unsere intimsten Gedanken ein offenes Buch sind für alle, die sie lesen wollen? Was, wenn uns gezielt Gedankengut implantiert wird, dessen Ursprung wir nicht mehr nachvollziehen können? Dann haben wir längst aufgehört, frei zu sein. Dann sind wir selbst zu den Robotern geworden, die wir zu lange nur unter unserem Schreibtisch vermutet haben.

In regelmäßigen Abständen brauchen wir mutige Einzelpersonen, die der Menschheit einen Spiegel vorhalten. »Was, meinst du wohl, würde sie sagen, wenn ihr eine versicherte, damals habe sie lauter Nichtiges gesehen, jetzt aber, dem Seienden näher und zu dem mehr Seienden gewendet, sähe sie richtiger?« Geben wir Plato die Antwort, die wir uns wünschen. Danken wir denjenigen, die uns näher ans Licht führen. Edward Snowden, du bist mein Held.

Gegenmaßnahmen

In Zusammenarbeit mit der Electronic Frontier Foundation hat die NGO Fight for the Future eine Liste mit kostenlosen und vor allem nutzerfreundlichen Werkzeugen erstellt, die uns allen sichere Kommunikation ermöglichen. »Encryption works,« sagt Edward Snowden selbst, aber nur, wenn sie richtig implementiert ist. Wirklich sicher sind Einzelne erst dann, wenn Verschlüsselung die Regel ist und nicht die Ausnahme.

Einstiegslektüre

1984 · Sascha Lobos Vortrag auf der re:publica 2014 · Glenn Greenwald bei Jung&Naiv (deutsche Untertitel verfügbar) · eBook Überwachtes Netz von Netzpolitik.org

Florian Lehmuth
5. Juni 2014
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